27. September 2017

Neue Kunstausstellung an der WelfenAkademie

Wer sich an die Statistikvorlesungen seines Wirtschaftsstudiums nur als staubtrockene Zahlensammlung erinnert, der wurde am Mittwoch in der Welfenakademie eines Besseren belehrt.

Bernd Raffelhüschen bewies in einem überaus kurzweiligen Vortrag, dass es nicht nur auf die Sammlung, sondern auf die Interpretation der Zahlen ankommt. Der Professor aus Freiburg referierte in der Braunschweiger Akademie auf Einladung und als Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).

Dr. Jens Bölscher begrüßte die rund 150 Gäste zwar als Hausherr, trat dann aber ins zweite Glied zurück. Denn neben der INSM hatten der Arbeitgeberverband (AGV) Braunschweig und die Braunschweiger Zeitung den Abend organisiert, zu dem neben dem Raffelhüschen-Vortrag zum Thema „Demographie, Wirtschaft und Soziales: Wohin geht der Weg?“ auch eine Ausstellung unter dem Titel: „70 Jahre danach – die Erfolgsstory der Sozialen Marktwirtschaft im Spiegel der Karikatur“ gehörte.

„Wir freuen uns sehr über diese Kooperation“, versicherte Bölscher in der Begrüßung. Denn einerseits solle die Welfenakademie als schönes Ambiente zweimal pro Jahr für öffentliche Ausstellungen genutzt werden. „Andererseits sind Ausstellungen ja nicht gerade unser Kerngeschäft – umso schöner, dass wir in diesem Fall solch starke Partner im Boot haben.“

Florian Bernschneider als Hauptgeschäftsführer des AGV und Armin Maus, Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, freuten sich ebenfalls, in den nächsten sechs Wochen mit der Ausstellung eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. „Der Vortrag wird ein schöner Startpunkt einer tollen Ausstellung“, sagte Bernschneider. Der Chefredakteur freute sich, dass mit dieser Veranstaltung „einmal mehr die Bündnisfähigkeit der Region bewiesen wurde. Sie beeindruckt mich immer wieder.“

Professor Raffelhüschen lieferte im Grunde eine kurzweilige Statistik-Vorlesung, die phasenweise schon Comedy-Charakter hatte. Vor allem prangerte er jenes „Viertel der Bevölkerung an, das sich entschieden hat, als kinderloser Ichling durch Leben zu gehen.“ In erster Linie diese Leute – und der Referent scheute sich nicht, auch seine Zuhörer kernig anzugehen – sei für das Scheitern der Sozialsyssteme verantwortlich zu machen. Nur wer Kinder in die Welt setze, stütze das staatliche System der Renten- und Pflegekassen.

„Mangelnde Fertilität hat die Bevölkerungspyramide ins Ungleichgewicht gebracht“, bilanzierte Raffelhüschen und brachte damit gleich mal sein Lieblingswort der Fruchtbarkeit ins Spiel. Für ein Umlenken sei es seit Jahrzehnten zu spät, rief er dem Auditorium zu, „und von den Graumelierten unten Ihnen schon gar nicht mehr zu leisten“. Charmantes Resümee des Zahlenforschers: „Sie haben kein Problem – sie sind das Problem.“ Steigende Kosten der künftig leeren Kassen würde er gerne weniger den kommenden Generationen aufbürden, die ihre Fertilität ja noch beweisen könnten, als vielmehr der Generation, die in den achtziger Jahren für den Pillenknick verantwortlich war: „Der Verursacher muss aufräumen.“

Andererseits machte der gebürtige Friese seinen Zuhörern Mut: „Sie haben es künftig selbst in der Hand, wie mit unseren Sozialkassen umgegangen wird, denn die gerade gelaufene Bundestagswahl war die letzte, bei der die Mehrheit unter 55 Jahre alt war.“ Die Zukunft gehört also den Senioren, und bei dieser Gelegenheit räumte der Professor auch gleich auf mit dem Vorurteil auf, in der Bundesrepublik wachse die Gefahr der Altersarmut. „Die durchschnittliche Armut in der Bevölkerung liegt bei sieben Prozent“, behauptete er. „Die der armen Alten hingegen liegt bei nur drei Prozent.“

Kurzweilig war es, wie der Freiburger mit den Zahlen spielte. Nachvollziehbar war es nicht immer. So blieb zum Beispiel unklar und unwidersprochen, wie er seine Behauptung zu den Ost- und West-Renten meinte. Schon lange liege da der Osten vorn, sagte Raffelhüschen. Die kürzlich erfolgte Anpassung sei genau andersrum gelaufen, nämlich von West- auf Ost-Niveau. Eine Erklärung blieb er schuldig – leider. Sie hätte bestimmt fundiert geklungen und wäre überaus kurzweilig gewesen. Frei nach dem Motto: „Glaub keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“

Die Ausstellung ist in den nächsten sechs Wochen wochentags geöffnet zwischen 8 Uhr und 18 Uhr.

 

Bildergalerie:

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